Glaube, Hoffnung... Löwe!

Warum für den Kirchenvorstand in St. Markus kandidieren

Dass sich Kirche verändern muss, ist keine neue Erkenntnis. Schon zu Beginn meines Berufslebens vor 25 Jahren gab es zahlreiche Studien und Untersuchungen, die das belegten. Neu ist die Dynamik des Veränderungsprozesses. Kirche ist nun spürbar in der Realität der veränderten Rahmenbedingungen angekommen. In den letzten zehn Jahren hat unsere Gemeinde über 1000 Mitglieder verloren (ca. 20%). Die Austrittsbereitschaft ist in der Gruppe der 25-45jährigen (zwei Drittel unserer Gemeindeglieder sind in dieser Altersgruppe) weiterhin sehr hoch. Hinzu kommt der demografische Wandel, der die Erträge aus der einkommensbezogenen Kirchensteuer dramatisch sinken lässt.


Viele junge Menschen fragen sich beim Einstieg in das Berufsleben und der ersten Gehaltsabrechnung, ob sich ihre Mitgliedschaft noch lohnt. Neben den persönlichen Relevanzverlust von christlichem Glauben und Kirche tritt auch der gesellschaftliche. Aktuell stellt auch die ForuM-Studie zur sexualisierten Gewalt die kirchliche Kultur im Grundsatz in Frage. Die Machtstellung von Pfarrpersonen, ein falsch verstandener Zwang zur Harmonie, ein zu starkes Innen- und Außendenken. Viele kirchliche Privilegien zur Eigenfinanzierung werden politisch in Frage gestellt – mit dem Argument der Verpflichtung zur religiösen Neutralität des Staates. Und ob sich ein staatlich sanktioniertes, automatisches Abbuchungssystem der Kirchensteuer im europäischen Vergleich noch halten lässt, wird gerade heftig diskutiert.

 

Es mehren sich die Stimmen, die fordern, dass Kirche sich in dieser Situation auf ihr ureigenes Angebot (Gottesdienst, Taufe, Trauung, Beerdigung und Seelsorge) exklusiv für ihre verbleibenden Mitglieder konzentrieren muss. Und die drastisch sinkenden Einnahmen und der dadurch bedingte Personalabbau legen diesen Schluss nahe.

Doch die wenigsten Besucher:innen des Gemeindelebens von St. Markus sind Markusmitglieder. Viele kommen von weit über die Gemeindegrenzen hinaus aus dem Landkreis München in unsere Kirche, sind katholisch oder haben eine andere Konfession. Manche gehören offiziell überhaupt keiner Religion an, schätzen aber die theologische Weite, die Qualität und emotionale Tiefe in der Markuskirche, besonders unseres kirchenmusikalischen Angebotes. St. Markus hat als zweitälteste protestantische Kirche in München, als Dekanats- und Universitätskirche, schon immer eine zentrale Rolle für die Stadtgesellschaft übernommen und gleichzeitig ihr Profil als Musikkirche geschärft. Spätestens seit der Ära von Karl Richter brachte die Interpretation des Werkes von Johann Sebastian Bach der Markuskirche in München eine hohe, weltweite Reputation ein.

Die weltläufige Haltung unserer Kirchengemeinde wurde mit dem letzten Kirchenumbau vor 15 Jahren noch einmal verstärkt. Es ist ein heller, offener und spirituell-weiter Kirchenraum entstanden, der mit variabler Bestuhlung FreiRaum ermöglicht und eine Vielzahl von Veranstaltungen zulässt und auch anzieht.

Wir sind bewusst Kirche für die Menschen in der Stadt. Unser Gemeindeleben lädt ein, in aller Offenheit und Weite die christliche Botschaft zu erleben und in den Dialog mit ihr zu treten. Das Umfeld von Lehre und Forschung in den Hochschulen, die 5000 Jahre Menschheitsgeschichte im Kunstareal und das Studentenleben im Viertel ist in unserem Dienst für die Stadtgesellschaft auf offene, bisweilen auch experimentelle Resonanz gestoßen. Wir waren und sind immer wandlungsfähig und veränderungsbereit – an der Seite der Menschen in dieser Stadt, unterwegs durchs Leben und die Herausforderungen der jeweiligen Zeit.

 

Es wird sich in den nächsten Jahren zeigen, ob wir diese Markushaltung und das damit verbunden Angebot in Zeiten von radikalen Transformationen und Veränderungen weiter aufrecht halten können. Ziehen wir uns zurück auf Angebote für unsere verbliebenen Mitglieder oder bleiben wir Kirche mit zentralen und vielfältigen Angeboten für die Menschen in der Stadt und im Landkreis? Und wie können wir (uns) das in Zukunft leisten? Wie sind wir da für die Menschen, die der Kirche die Treue halten und ihre Traditionen lieben? Das wird nur in der Zusammenarbeit und -legung mit anderen Kirchengemeinden in der Region gehen. Und auch mit mehr Professionalität und Serviceorientierung in der Verwaltung, der Öffentlichkeitsarbeit und den betrieblichen Abläufen. Mit bewusst geplanten Ressourcen, die nicht nur der Bewahrung des Bisherigen dienen, sondern auch auf erfrischend-andere Weise Wege zu den Fragen, Nöten und geistlichen Bedürfnissen unserer Mitmenschen und Nachbar:innen eröffnen.
Wir brauchen Menschen im nächsten Kirchenvorstand, die für diese Herausforderungen und Haltung eines offenen und weiten Glaubens stehen, der lebendig wird in der Begegnung mit Kultur und Musik, der Zeichen setzt und Innovationen wagt, der sich seiner Traditionen bewusst ist und sie neu zur Sprache bringt und der einen Geist des Miteinanders und der Hoffnung ausstrahlt, die auch auf unsere Stadtgesellschaft überspringt. Glaube, Hoffnung … Löwe! Die Freiheit der Liebe, die unseren christlichen Glauben trägt, sollten wir auch weiterhin in Markuslöwen-Haltung vermitteln. Dazu wünschen wir uns Menschen, die mitanpacken, Kirche neu denken und sie für die nächsten Jahre gestalten wollen. 

 

Olaf Stegmann
olaf.stegmann@elkb.de

Warum für den Kirchenvorstand in St. Markus kandidieren

Dass sich Kirche verändern muss, ist keine neue Erkenntnis. Schon zu Beginn meines Berufslebens vor 25 Jahren gab es zahlreiche Studien und Untersuchungen, die das belegten. Neu ist die Dynamik des Veränderungsprozesses. Kirche ist nun spürbar in der Realität der veränderten Rahmenbedingungen angekommen. In den letzten zehn Jahren hat unsere Gemeinde über 1000 Mitglieder verloren (ca. 20%). Die Austrittsbereitschaft ist in der Gruppe der 25-45jährigen (zwei Drittel unserer Gemeindeglieder sind in dieser Altersgruppe) weiterhin sehr hoch. Hinzu kommt der demografische Wandel, der die Erträge aus der einkommensbezogenen Kirchensteuer dramatisch sinken lässt.


Viele junge Menschen fragen sich beim Einstieg in das Berufsleben und der ersten Gehaltsabrechnung, ob sich ihre Mitgliedschaft noch lohnt. Neben den persönlichen Relevanzverlust von christlichem Glauben und Kirche tritt auch der gesellschaftliche. Aktuell stellt auch die ForuM-Studie zur sexualisierten Gewalt die kirchliche Kultur im Grundsatz in Frage. Die Machtstellung von Pfarrpersonen, ein falsch verstandener Zwang zur Harmonie, ein zu starkes Innen- und Außendenken. Viele kirchliche Privilegien zur Eigenfinanzierung werden politisch in Frage gestellt – mit dem Argument der Verpflichtung zur religiösen Neutralität des Staates. Und ob sich ein staatlich sanktioniertes, automatisches Abbuchungssystem der Kirchensteuer im europäischen Vergleich noch halten lässt, wird gerade heftig diskutiert.

 

Es mehren sich die Stimmen, die fordern, dass Kirche sich in dieser Situation auf ihr ureigenes Angebot (Gottesdienst, Taufe, Trauung, Beerdigung und Seelsorge) exklusiv für ihre verbleibenden Mitglieder konzentrieren muss. Und die drastisch sinkenden Einnahmen und der dadurch bedingte Personalabbau legen diesen Schluss nahe.

Doch die wenigsten Besucher:innen des Gemeindelebens von St. Markus sind Markusmitglieder. Viele kommen von weit über die Gemeindegrenzen hinaus aus dem Landkreis München in unsere Kirche, sind katholisch oder haben eine andere Konfession. Manche gehören offiziell überhaupt keiner Religion an, schätzen aber die theologische Weite, die Qualität und emotionale Tiefe in der Markuskirche, besonders unseres kirchenmusikalischen Angebotes. St. Markus hat als zweitälteste protestantische Kirche in München, als Dekanats- und Universitätskirche, schon immer eine zentrale Rolle für die Stadtgesellschaft übernommen und gleichzeitig ihr Profil als Musikkirche geschärft. Spätestens seit der Ära von Karl Richter brachte die Interpretation des Werkes von Johann Sebastian Bach der Markuskirche in München eine hohe, weltweite Reputation ein.

Die weltläufige Haltung unserer Kirchengemeinde wurde mit dem letzten Kirchenumbau vor 15 Jahren noch einmal verstärkt. Es ist ein heller, offener und spirituell-weiter Kirchenraum entstanden, der mit variabler Bestuhlung FreiRaum ermöglicht und eine Vielzahl von Veranstaltungen zulässt und auch anzieht.

Wir sind bewusst Kirche für die Menschen in der Stadt. Unser Gemeindeleben lädt ein, in aller Offenheit und Weite die christliche Botschaft zu erleben und in den Dialog mit ihr zu treten. Das Umfeld von Lehre und Forschung in den Hochschulen, die 5000 Jahre Menschheitsgeschichte im Kunstareal und das Studentenleben im Viertel ist in unserem Dienst für die Stadtgesellschaft auf offene, bisweilen auch experimentelle Resonanz gestoßen. Wir waren und sind immer wandlungsfähig und veränderungsbereit – an der Seite der Menschen in dieser Stadt, unterwegs durchs Leben und die Herausforderungen der jeweiligen Zeit.

 

Es wird sich in den nächsten Jahren zeigen, ob wir diese Markushaltung und das damit verbunden Angebot in Zeiten von radikalen Transformationen und Veränderungen weiter aufrecht halten können. Ziehen wir uns zurück auf Angebote für unsere verbliebenen Mitglieder oder bleiben wir Kirche mit zentralen und vielfältigen Angeboten für die Menschen in der Stadt und im Landkreis? Und wie können wir (uns) das in Zukunft leisten? Wie sind wir da für die Menschen, die der Kirche die Treue halten und ihre Traditionen lieben? Das wird nur in der Zusammenarbeit und -legung mit anderen Kirchengemeinden in der Region gehen. Und auch mit mehr Professionalität und Serviceorientierung in der Verwaltung, der Öffentlichkeitsarbeit und den betrieblichen Abläufen. Mit bewusst geplanten Ressourcen, die nicht nur der Bewahrung des Bisherigen dienen, sondern auch auf erfrischend-andere Weise Wege zu den Fragen, Nöten und geistlichen Bedürfnissen unserer Mitmenschen und Nachbar:innen eröffnen.
Wir brauchen Menschen im nächsten Kirchenvorstand, die für diese Herausforderungen und Haltung eines offenen und weiten Glaubens stehen, der lebendig wird in der Begegnung mit Kultur und Musik, der Zeichen setzt und Innovationen wagt, der sich seiner Traditionen bewusst ist und sie neu zur Sprache bringt und der einen Geist des Miteinanders und der Hoffnung ausstrahlt, die auch auf unsere Stadtgesellschaft überspringt. Glaube, Hoffnung … Löwe! Die Freiheit der Liebe, die unseren christlichen Glauben trägt, sollten wir auch weiterhin in Markuslöwen-Haltung vermitteln. Dazu wünschen wir uns Menschen, die mitanpacken, Kirche neu denken und sie für die nächsten Jahre gestalten wollen. 

 

Olaf Stegmann
olaf.stegmann@elkb.de